Bestandsaufnahme zur Integration von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen
Ende 2022 löste OpenAI mit der Einführung von ChatGPT einen Hype auf künstliche Intelligenz (AI; Artificial Intelligence) aus: Suchanfragen nach “AI” stiegen von 2022 auf 2023 um 700%. 70% der CEOs sahen 2023 AI als ihre wichtigste Investitionspriorität. Der Aktienwert von NVIDIA, dem Hardwarelieferant für AI, stieg von 15 € Anfang 2023 auf rund 110 € Mitte 2024.
Dies wurde begleitet von immer neuen Erfolgsmeldungen bei der Umsetzung von AI Projekten. So ist die Erforschung neuer Medikamente heute so einfach wie eine Google-Suche – gerade gab es dafür den Nobelpreis. Chatbots auf Basis von OpenAI können 2/3 des eingehenden Chatvolumens übernehmen. Mit “Verknallt in einen Talahon” erreicht ein AI-generierter Titel die deutschen Charts.
Realitätscheck für AI im unternehmerischen Fokus
Wie viele unserer Kunden beobachtete auch IONOS diese Entwicklung anfangs mit einer Mischung aus Faszination und Verunsicherung: Liest man die Erfolgsmeldungen, kommt schnell die Erwartung auf, dass sich alles um uns herum vollständig ändern wird. Heute können wir sagen, die Veränderung wird sicher kommen. Die Adaptionsgeschwindigkeit ist nur langsamer als erwartet. Dabei teilt sich die Landschaft in zwei Lager auf: Die Einen sind die Anbieter der AI Modelle, ganz vorne OpenAI, Meta, Google und Mistral. Diese Anbieter liefern sich ein Wettrennen um das jeweils beste und leistungsfähigste KI Modell. Dabei nehmen sie immensen personellen Aufwand und hohe Investitionssummen von 10 Milliarden US Dollar und mehr pro Anbieter in Kauf. Auf der anderen Seite stehen die Anwender, die versuchen, neue Möglichkeiten zu adaptieren. Sie suchen nach profitablen Use Cases, indem sie AI in ihre bestehenden Abläufe integrieren oder sie ersetzen gleich ganze Prozesse durch neue AI gestützte Abläufe.
Welche Rolle spielt IONOS in dem “AI Game”?
IONOS nutzt AI sowohl für interne als auch externe Lösungen. Dabei haben wir verschiedene Erfahrungen gemacht.
Interne Nutzung von AI
Zur Optimierung unserer internen Abläufe haben wir in den letzten Monaten viel Innovatives mit AI ausprobiert und gelernt.
Der digitale KI-Agent
Jeder unserer Kunden hat einen persönlichen Assistenten. Dieser unterstützt den einzelnen Kunden und kennt den Kunden und seine Probleme sehr gut. Auf die Qualität dieser menschlichen Experten sind wir sehr stolz und auch unsere Kunden schätzen sie sehr. Unsere persönlichen Assistenten sind jedoch nicht 24 Stunden am Tag für 7 Tage die Woche verfügbar. Hier sollte unser “AI Assistant” einspringen. Unser Anspruch war es, einen digitalen Zwilling für den persönlichen Assistenten zu schaffen. Der AI Assistant sollte Probleme verstehen, Lösungen anbieten und diese auch umsetzen – zunächst im Chat, später aber auch per Telefon oder im Video Call. Als einer der ersten Anbieter führte IONOS deshalb Anfang 2024 einen AI-basierten Chatbot zur Kundenkommunikation ein. Dieser löst heute bereits einige Kundenprobleme. Insbesondere dann, wenn Kunden nach Unterlagen im Hilfecenter suchen. Aber viele Probleme löst er nicht. So kann er zwar erkennen, dass der Kunde eine bestimmte Konfiguration seines Produkts benötigt oder herausfinden, bei welchen Produkten des Kunden gerade Probleme auftreten. Zielgerichtet und vor allem zuverlässig lösen kann er diese Probleme (noch) nicht. Dafür wird es auch weiterhin den Kontakt unseres persönlichen Assistenten geben, und Kunden müssen leider auch mal warten, wenn kein Assistent verfügbar ist.
ask.IONOS
Für uns bei IONOS, wie auch für viele unserer Kunden, ist Datensicherheit und Vertraulichkeit zentral. Wir wollen unsere Anfragen nicht vollständig an Anbieter übertragen, die ihre Daten im nicht-europäischen Ausland speichern oder von dort aus auf unsere Daten zugreifen können. Für alle unsere Produkte ist dies ein zentrales Leistungsversprechen: Die Daten europäischer Kunden liegen in Europa und verlassen Europa nicht. Gleichzeitig haben viele unserer internen Kollegen den Wunsch, einfach auf Large Language Modelle zuzugreifen und diese zur Textgenerierung zu nutzen. OpenAI und die meisten der übrigen Anbieter von Lösungen wie ChatGPT bieten entsprechende Frontends, jedoch nicht mit den für uns notwendigen Datensicherheits- und Vertraulichkeitsstandards. Deshalb hat IONOS schon sehr früh für den internen Gebrauch ein entsprechendes Frontend entwickelt, über das alle Mitarbeiter Large Language Modelle nutzen können, die in unseren Rechenzentren betrieben werden. Dieses Produkt wird intern intensiv genutzt und wir entwickeln es kontinuierlich weiter.
Texterstellung mit AI in der Marketingkommunikation
Unsere Kollegen im Marketing haben die Möglichkeit evaluiert, ihre Marketingtexte durch AI generieren zu lassen. Die Ergebnisse waren gut – solange es um Text aus wenigen Sätzen ging. Sobald sie längere Texte über mehrere Absätze generierten, waren diese nicht mehr brauchbar. Die Text schweiften vom Thema ab oder halluzinierten. Mit jedem neuen Large Language Modell werden die Ergebnisse zwar besser, richtig gut sind die Texte jedoch noch nicht. Anders verhält es sich beim Einsatz von Large Language Modellen bei der Übersetzung von Texten. Hier helfen Large Language Modelle sehr, liefern gute Ergebnisse und werden von unseren Teams intensiv eingesetzt.
AI zur Unterstützung bei der Entwicklung
Schon früh haben wir intern GitHub CoPilot eingeführt, um unsere Entwickler bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Dieses Tool ermöglicht es zum einen, bei der laufenden Entwicklung Autovervollständigung anzubieten. Das heißt, es wird ein Vorschlag für die aktuelle Codezeile angeboten. Daneben ist es möglich zu definieren, welche Funktionalität benötigt wird und das Tool generiert entsprechenden Code. Einige unserer Entwickler nutzen diese Funktionen intensiv und lassen sich Code vorschlagen. Diese Entwickler nehmen ca. 20% des vorgeschlagenen Codes an. Dabei beobachten wir zwei Trends: Zum einen lassen sich Kollegen, die das Tool nutzen, heute mehr Zeilen vorschlagen als noch zu Beginn der Einführung. Die Akzeptanzrate von Code ist jedoch gefallen. Die Kollegen nutzen AI also intensiver, sind dabei aber kritischer als noch zu Beginn. Aus unserer Sicht eine gute Entwicklung: Die AI wird in diesem Use Case angenommen. Wie genau der Einsatz ist und wie intensiv, pendelt sich aber erst nach und nach ein. Die Änderungen sind eben so grundlegend, dass nicht einfach nur ein neues Stück Software entstand, sondern sich die Herangehensweise beim Programmieren grundlegend geändert hat.
AI Academy
Neben der Einführung dieser Lösungen ändern sich aktuell in vielen Bereichen von IONOS Abläufe durch AI. Wir glauben daran, dass dieser Wandel begleitet werden muss. Deshalb haben wir eine Plattform in Form eines monatlichen Meet Ups geschaffen. Hier kommen unsere Kollegen, die an AI Projekten beteiligt sind oder einfach Interesse an AI haben, zusammen. Wir tauschen aus, welche Erfahrungen gemacht wurden und wie diese auch in anderen Bereichen genutzt werden können. Das hilft uns dabei, aus den Fehlern von Kollegen zu lernen und Erfolge auf andere Bereiche zu übertragen. Gleichzeitig identifizieren wir Schulungsbedarf, den wir dann in internen Fortbildungen umsetzen. So haben wir inzwischen eine “AI Academy” geschaffen, in der wir Lerneinheiten von Grundlagen zu AI, über Einführungen in unsere Tools bis hin zu sehr spezifischen Themen wie Prompting, anbieten. So schaffen wir es auf der einen Seite, im Austausch zu sehr aktuellen Themen zu sein, und auf der anderen Seite etablierte Inhalte strukturiert für eine breite Zuhörerschaft anzubieten.
Die Nutzung von KI zur Optimierung unseres Kundenangebots
Die AI Lösungen, die bei uns erfolgreich sind, versuchen wir in Produkte für unsere Kunden umzusetzen. So kann jeder von unseren Erfahrungen profitieren.
AI bei der Erstellung von Kundenwebseiten
Eines unserer ersten Endkundenprodukte, in das wir AI integrierten, ist unser IONOS Website Builder. Hier war bisher ein großes Problem, dass wir Neukunden für unseren Webspace gewinnen konnten, diese hatten klar die Absicht eine Webpräsenz aufzubauen, führten aber oft das Vorhaben nicht zu Ende. Das führte zu Frustration auf Kundenseite – es wurde für Webspace bezahlt, der nicht genutzt wurde, wie auch bei uns – die Kunden kündigen den Webspace häufig nach wenigen Monaten wieder.
Mit AI haben wir hierfür eine Lösung gefunden. So bieten wir dem Kunden bei der Erstellung einer neuen Webseite die Möglichkeit an, einige Informationen zu seinem Unternehmen anzugeben. AI generiert dann auf Basis dieser Angaben einen vollständigen Webauftritt mit verschiedenen Seiten, Bildern und einem konsistenten, passenden Layout. Während das Generieren der Texte meist sehr gute Ergebnisse liefert, hat AI auch noch Schwächen. So bieten wir im IONOS Website Builder die Möglichkeit an, Bilder mit AI zu generieren. Die Ergebnisse sind zwar oft sehr gut und werden von unseren Kunden gerne auf ihren Webseiten eingesetzt. Viele Bilder sind aber auch unpassend oder unästhetisch. Es ist also immer auch eine Prüfung durch den Nutzer notwendig, um zu entscheiden, welches Bild genutzt werden kann.
Trotzdem führte AI dazu, dass mehr Neukunden unsere Lösung auch langfristig nutzen. Ein Gewinn sowohl für uns, als auch für unsere Kunden.
Unterstützung beim Brand Management
Ein eigenes Unternehmen erfolgreich online zu präsentieren ist aber aufwändiger als “nur” die Gestaltung der Webseite: Neben der Webseite müssen Social Media Inhalte gepflegt, Kundenbewertungen beantwortet und Newsletter verschickt werden.
Für diese Aufgaben bietet IONOS rankingCoach und ein E-Mail Marketing Tool an. rankingCoach lässt sich nutzen, um Beiträge für Social Media zu erstellen. Hierfür wird der Inhalt der Kundenseite ausgewertet und auf Basis dieser Inhalte von AI Content generiert. Unsere Kunden können diesen Content dann anpassen und beispielsweise bei Facebook posten. Onlinebewertungen von Kunden sind wertvoll. RankingCoach erlaubt es, diese Bewertungen zu evaluieren und Antworten vorzuformulieren. Unsere Kunden müssen die formulierten Texte dann nur noch absenden. rankingCoach und die enthaltenen AI Funktionen, sparen unseren Kunden Zeit und machen es einigen Kunden erst möglich, online erfolgreich zu sein. Mit dem E-Mail Marketing Tool lässt sich aus der Vorgabe von Schlagworten und einer Textlänge Content generieren, der dann in einen Newsletter integriert und an die Endkunden verschickt werden kann.
Alle diese Funktionen haben eine Sache gemeinsam: Sie nutzen Large Language Modelle, um bestehende Texte zusammenzufassen oder aus Stichpunkten neuen Text zu generieren. Die Ergebnisse sind meist von guter Qualität und können mit kleinen Anpassungen von unseren Kunden übernommen werden.
Mail Integration
In unseren Groupware Lösungen wie OpenExchange, nutzen wir inzwischen auch AI. Mittels Large Language Modellen sind wir in der Lage, E-Mails zusammenzufassen, E-Mails aus Stichworten vorzuformulieren oder E-Mails in einem vorher definierten Stil umzuformulieren. Alle diese Funktionen bieten unseren Kunden einen direkten Mehrwert. Sie ermöglichen es, schneller auf eingehende E-Mails zu reagieren und sind weitestgehend ausgereift.
Der aktuelle Status der AI-Entwicklung: Von Begeisterung zu Ernüchterung
Alle Beispiele haben einige Dinge gemeinsam: Die tatsächliche Nutzung hinkt den ursprünglichen Annahmen hinterher. Das gilt sowohl in der internen als auch in der externen Adaption. Zwar können viele kleine Aufgaben und Fragestellungen heute durch AI unterstützt werden. Größere Aufgaben löst AI aber noch nicht selbständig. Wahrscheinlich – oder besser ganz sicher – wird sich das in den nächsten Monaten und Jahren ändern. Multimodale Modelle, wie Llama 3.2, erlauben es bereits auch Bilder beim Beantworten von Fragen zu berücksichtigen. Aktuelle LLMs, wie OpenAIs GPT-4o, übertreffen alle bisherigen Modelle in der Qualität deutlich. Darüber hinaus hat OpenAI mit o1 OpenAI ein Modell eingeführt, das auch komplexe mathematische Probleme selbstständig lösen kann. Neuere Modelle zur Generierung von Bildern, wie beispielsweise Flux, zeigen seltener dritte Arme oder einen zweiten Bauchnabel, als das bei Modellen noch vor einem Jahr der Fall war.
Innovation, Forschung und Adaption braucht ihre Zeit.
Im Grunde ist das eine sehr gute Nachricht, denn niemand muss das Gefühl haben “der Zug ist längst abfahren”. Wer bis heute noch keine AI Lösung in seinem Unternehmen eingeführt hat, ist nicht abgehängt. Die Entwicklung fängt gerade erst an und wird noch viele weitere erstaunliche Resultate mit sich bringen. Wichtig ist, besonnen abzuschätzen, welche neue Lösung sich lohnt und welche nicht. Nicht ohne Grund scheitern immer noch 80 Prozent der AI Projekte. Aber dafür entstehen täglich immer wieder neue Anwendungen. Das bedeutet jetzt aber nicht, sich zurück zu lehnen und einfach mal abzuwarten. Es bedeutet, aktiv am Ball zu bleiben; zu verstehen, was gerade passiert – welche Entwicklungen auf Tagesbasis oder Monatsbasis neu entstehen; kreativ zu sein, um zu bewerten, ob es auch im eigenen Umfeld Mehrwert stiften kann und viel zu experimentieren – auch im Kleinen.
Zukunftsweisende Use Cases: Integration von Large Language Modellen und Text-to-Image-Technologien
Die Lösung, die in den letzten Monaten stark weiterentwickelt wurde, und heute schon einen Grad an Reife erreicht hat, sind Large Language Modelle und Text-to-Image Modelle. Use Cases, die mit solchen Modellen, schon heute gut funktionieren sind unter anderem:
Chatbots mit eigenen Daten
Hier hilft Retrieval Augmented Generation bestehende Large Language Modelle mit eigenen Dokumenten und Texten anzureichern. Die Nutzerinnen und Nutzer „chatten“ dann mit dem Chatbot. Wo immer es sinnvoll ist, bekommen sie Inhalte aus den eigenen Dokumenten in die Antwort integriert.
Analysen von Freitext
Vor wenigen Jahren war es noch schwierig Freitexte zu analysieren. Heute machen Large Language Modelle hier das bisher Unmögliche möglich. Mit entsprechenden Prompts lassen sich Texte zusammenfassen, die Stimmung des Autors analysieren, Schlagworte für den Text finden oder ganz neue Texte mit identischem Inhalt aber anderem Stil erzeugen.
Generierung von Bildern und Illustrationen
Die aktuellen Text-to-Image Modelle erlauben es Bilder mit hoher Qualität zu generieren. Das funktioniert bereits sehr gut. Besonders, wenn dabei der Fokus auf der Generierung von Bildern liegt, die eine Stimmung widerspiegeln oder die vorgegebene Motive wiedergeben. Die Anpassung existierender Bilder und Graphiken nach bestimmten Vorgaben ist dabei noch nicht so gut.
Handlungsempfehlung für Unternehmen beim Einstieg in die Welt der künstlichen Intelligenz
Konzentrieren Sie sich bei Ihren ersten Schritten auf diese Use Cases. Halten Sie es so einfach wie möglich, nutzen Sie gehostete Lösungen, wie unseren AI Model Hub, und setzen Sie keine eigene Hardware auf. Starten Sie langsam und erweitern Sie ihre Lösung, wenn diese erste Erfolge bringt…
… und wenn die Lösung nicht funktioniert, werfen Sie auch mal etwas weg. Vielleicht waren Sie der technologischen Entwicklung einfach zu weit voraus.
Weiterführende Links
- ChatGPT
- Suchanfragen nach “AI”
- wichtigste Investitionspriorität
- Aktienwert NVIDIA
- Technologie Review
- Nobelpreis
- Chatvolumen
- Offizielle deutsche Charts
- Inside IONOS Podcast KI-Grundlagen
- GitHub CoPilot
- rankingCoach
- IONOS E-Mail Marketing Tool
- Llama 3.2
- GPT-4o
- o1
- Flux
- Rand
- Retrieval Augmented Generation
- Prompts
- Text-to-Image Modelle
- AI Model Hub
- IONOS AI Model Hub: Fortschrittliche KI-Lösungen für den deutschen Markt
- IONOS Website Builder