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Domains im Zeitalter der KI: Obsolet – oder strategischer denn je?

Google AI Overview SEO verändert die Suche: Wie Domains im KI-Zeitalter Sichtbarkeit sichern und in KI-Antworten bestehen.

Die stille Disruption der Suche

Ein typisches Szenario: In Google wird eine Alltagsfrage gestellt, etwa: „Wie melde ich ein Kleingewerbe in Deutschland an?“ Seit einigen Monaten erscheint oberhalb der klassischen Trefferliste ein neues Textfenster: AI Overview. Dort stehen zusammengefasste, schrittweise Antworten – inklusive Quellenhinweisen. Das ist praktisch für Nutzerinnen und Nutzer, aber unbequem für alle, die mit Inhalten Reichweite und Kunden gewinnen wollen. Denn wenn die Antwort schon ganz oben steht, wer klickt dann noch auf Domains im Zeitalter der KI?

Für Website-Betreiber heißt das: weniger organischer Traffic, weniger Marken-Touchpoints und geringere Chancen, Expertise direkt zu vermitteln. Wenn Antworten schon auf der SERP enden, droht die Domain vom Absender zur bloßen Fußnote zu werden – entscheidend wird, ob Sichtbarkeit und Nachfrage in diesem Setting weiterhin abgesichert werden können.

Wie funktioniert Googles AI Overview?

Google beschreibt AI Overviews als generative Antworten, die Kerninformationen liefern und „Links zum Vertiefen“ einblenden. Das Feature wurde seit Mai 2024 breit ausgerollt und 2025 auch in Deutschland verfügbar gemacht. AI Overviews nutzen ein für die Suche angepasstes Gemini-Modell: Es versteht komplexe Fragen, ruft relevante Webinhalte ab, synthetisiert eine kompakte Antwort und zeigt ausgesuchte Links als Belege an. Google betont, dass diese Overviews das Entdecken des Webs erleichtern sollen – Nutzer bekämen eine schnelle Übersicht und Quellen zum Weiterklicken. Gleichzeitig verweist Google darauf, dass in den Overviews platzierte Links für bestimmte Anfragen mehr Klicks erhalten könnten als eine herkömmliche Web-Listing-Position allein. Unabhängig davon bleiben Anzeigen klar gekennzeichnet.

Ein strategisches Paradox: Warum Google sich (scheinbar) selbst kannibalisiert

Googles Erfolg basierte jahrzehntelang auf einem klick- und ads-getriebenen Modell: je mehr Suchende, desto mehr Werbeumsatz. Zugleich wandern Informationsbedürfnisse in Chat-Interfaces und KI-Assistenten ab. AI Overviews sind damit eine defensive Innovation: Lieber hält Google die Nutzerinnen und Nutzer mit generativer Antwort auf der Ergebnisseite, als sie an fremde KI-Assistenten zu verlieren – auch wenn das kurzfristig Klicks auf externe Domains reduziert. Dieses Spannungsfeld prägt künftig die gesamte Ökonomie der Sichtbarkeit. In diesem neuen Szenario wandelt sich die Rolle der Domains: Sie sind weniger das Eingangstor für Klicks und mehr das Vertrauens- und Herkunftssignal, das KI-Systeme als Quelle zitieren. Wer seine Domain als maschinenlesbare Marke mit klaren Entitäten, strukturierten Daten und direkten Touchpoints positioniert, bleibt sichtbar, auch wenn klassische Klickpfade seltener werden.

Neue Spielregeln im „Zero-Click“-Zeitalter

Eine zentrale Studie des Pew Research Center zeigt, wie sich Nutzerverhalten verändert: Ohne KI-Zusammenfassung klickten Nutzer in 15 % der Fälle auf ein Suchergebnis, mit KI-Zusammenfassung nur noch in 8 %. Auf die in der Zusammenfassung selbst verlinkten Quellen entfiel lediglich 1 % der Besuche. Für viele reicht die KI-Antwort ohne weiterzuklicken oder sich eine Domain zu merken. Das stützt die These, dass im KI-Alter „Recherche“ immer öfter zur Sofortantwort wird.

Google-Nutzer klicken seltener auf einen Link, wenn sie auf Suchergebnisseiten mit KI-Zusammenfassungen stoßen.
Google-Nutzer klicken seltener auf einen Link, wenn sie auf Suchergebnisseiten mit KI-Zusammenfassungen stoßen.

Damit verlagert sich Sichtbarkeit vom Klick auf die Zitierung in KI-Antworten: Wer dort nicht als Quelle erscheint, verliert Reichweite, selbst bei stabilen Rankings. Kurz: Domains konkurrieren weniger um Positionen in der Linkliste und mehr um Relevanz im Auswahlprozess der Modelle. Wer nicht vorkommt, findet nicht statt.

Fünf Hebel, um Domains in KI-SERPs sichtbar zu halten

Die folgenden fünf Punkte zeigen, welche Rolle Domains im Zeitalter der KI jenseits klassischer Klickpfade spielen.

1) Domains bleiben Vertrauens- und Herkunftssignal

Auch wenn weniger geklickt wird: Wer überhaupt als Quelle in AI Overviews genannt wird, hat einen strategischen Vorteil. Denn die Domain fungiert dort als Attribution – als „Wer sagt das?“. Google dokumentiert, dass AI-Funktionen in der Suche helfen sollen, Inhalte im Web zu finden, nicht zu ersetzen. Um in solchen Oberflächen aufzutauchen, zählen verständliche Inhalte und maschinenlesbare Signale: strukturierte Daten, klare Entitäten, präzise Seitentitel. Kurz: Domains liefern die Grounding-Basis, damit KI-Systeme Antworten sauber belegen können.

Praktisch heißt das: Schema.org-Markups (z. B. Article, Product, Breadcrumb) helfen Google, Inhalte einzuordnen und korrekt darzustellen – nicht nur in klassischen Rich Results, sondern auch als zuverlässiges Fundament für generative Features.

2) Domains als Markenanker jenseits der Suche

Selbst wenn die Suche „klickärmer“ wird, bleibt die Domain Marke, Identität und Infrastruktur: Sie steht auf Rechnungen, Verträgen und E-Mails, sie betreibt DNS-basierte Dienste (MX, SPF, DMARC) und bildet die rechtssichere Anlaufstelle eines Unternehmens. Wer sich eine kurze, merkfähige Domain sichert, reduziert Abhängigkeiten von wechselnden SERP-Layouts und stärkt direkte Zugänge (Direktaufruf, QR, App-Deep-Links).

3) Domain-Strategie für KI-SERPs: Was die Chance auf Nennungen erhöht

  • Themenautorität & „Information Gain“: Erfolgversprechend sind Inhalte mit eigenem Datenmaterial, klarer Methodik und aktualisierten Fakten. KI-Zusammenfassungen bevorzugen häufig Quellen, die neue Information beitragen und nicht nur paraphrasieren (Googles Guidelines betonen „hilfreiche, zuverlässige, menschenzentrierte Inhalte“).
  • Saubere Entitäten-Anbindung: Organization/Person/Place-Markups, sameAs-Verweise und konsistentes NAP-Profil erleichten die Verknüpfung im Wissensgraphen.
  • Aktualität & technische Qualität: Klare Informationsarchitektur, stabile Performance und gute Page Experience erhöhen die Chancen als Quelle zu gelten.
  • Exakte Domains sind kein Shortcut: Google dämpft den Vorteil reiner Exact-Match-Domains. Relevanz entsteht über Inhalte und Qualität, nicht allein über Domain-Keyword.

4) TLD-Trends im KI-Umfeld: Chancen und Risiken

Mit der KI-Welle steigen TLDs wie .ai, .io oder .tech in der Beliebtheit. Sie signalisieren Tech-Affinität und Innovationsnähe. Gleichzeitig verändert KI Prozesse der Domain-Generierung, -Bewertung und -Sicherheit: von algorithmischen Namensvorschlägen über automatisierte Pricing-Modelle bis zu KI-gestützter Bedrohungserkennung. Für Portfoliomanagement und Aftermarket eröffnen sich Effizienzgewinne, zugleich entstehen neue Governance-Fragen zu algorithmischen Verzerrungen in KI-Modellen und zum verantwortungsvollen Umgang mit Daten und Datenschutz.

5) Von der Domain als „Website“ zur Domain als „API“

Blicken wir voraus: KI-Agenten holen Informationen on demand aus Quellen, werten sie aus, zitieren sie und handeln (Bestellung, Termin, Anfrage). In dieser Zukunft wird die Domain noch stärker zum Herkunfts- und Integrationspunkt:

  • als kanonische Referenz für Marken- und Produktwissen,
  • als rechtlicher Anker (Impressum, Datenschutz, AGB),
  • als maschinell lesbare Datenquelle (strukturierte Daten, Feeds, Download-Endpunkte).

Domains werden damit weniger die „erste Anlaufstelle für Menschen“ sondern für Maschinen und bleiben damit geschäftskritisch.

Wird die Domain obsolet? Ein realistischer Ausblick

Die Pew-Daten zeigen: Klicks pro Suche sinken, wenn eine KI-Zusammenfassung erscheint. Besonders bei reinen Informations-Fragen (How-to, Definitionen, einfache Vergleiche) führt das dazu, dass die Domain den Besuch oft nicht mehr erhält. Zugleich zeigen Googles Ankündigungen: AI Overviews sollen prominent verlinken und die Nutzung der Suche insgesamt steigern. Beide Perspektiven sind wahr. Sie beschreiben unterschiedliche Ebenen: Mikro-Effekt (weniger Klicks auf einzelnen SERPs) versus Makro-Effekt (mehr Suchnutzung insgesamt). Für Website-Betreiber zählt am Ende: Taucht meine Domain als Quelle auf – und wenn ja, wofür?

Fazit: Domains im Zeitalt der KI werden nicht obsolet. Ihr Aufgabenprofil verschiebt sich: von der reinen Einstiegsseite hin zur vertrauenswürdigen, maschinenlesbaren Marke – der Ort, an dem Inhalte entstehen, belegt und aktualisiert werden, damit sie in KI-Oberflächen zitiert werden können. Wer diese Logik annimmt, wird in Overviews, Chat-Antworten und Agenten-Workflows sichtbar bleiben.

AI Overviews markieren nicht das Ende der Domains, sondern das Ende der alten Sichtbarkeitslogik. Die „blaue-Links-Rangliste“ war gestern. Heute zählt, ob die Domain als Quelle einer belastbaren, gut strukturierten Antwort taugt und ob sie als Marken- und Vertrauensanker jenseits des ersten Klicks funktioniert. Wer seine Domain so versteht, sichert ihren Wert in einer Suche, die zunehmend von KI kuratiert wird.

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