Was ist Internet-Abuse und welche Arten gibt es?
Internet-Abuse – also der Missbrauch digitaler Dienste – kann viele Formen annehmen: von Phishing über Malware bis hin zu illegalen Inhalten. Um solche Vorfälle wirksam zu stoppen, ist es entscheidend, sie richtig zu erkennen, einzuordnen und an die zuständigen Stellen zu melden.
Dieser Beitrag zeigt, was unter Internet-Abuse zu verstehen ist, welche Ausprägungen es gibt und wie sich Vorfälle Schritt für Schritt dokumentieren und weiterleiten lassen – mit passenden Tools, anerkannten Standards und rechtlichen Hinweisen.
Internet-Abuse umfasst eine Vielzahl schädlicher Aktivitäten. Diese lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen, wobei es teils zu Überschneidungen kommt:
DNS-Abuse
DNS-Abuse bezieht sich auf den Missbrauch des Domain Name System (DNS). Laut dem „Framework to Address Abuse“ zählen dazu Malware, Botnets, Phishing, Pharming und Spam, sofern dieser zur Verbreitung weiterer Bedrohungen dienen. Technische Fachkreise definieren DNS-Abuse oft enger, etwa auf Angriffe, die ausschließlich die DNS-Infrastruktur betreffen.
Missbrauch von Website-Inhalten
Hierzu zählen schädliche oder illegale Inhalte auf Websites wie Fakeshops, Scam-Seiten sowie äußerungsbezogene Straftaten. Besonders schwerwiegende Inhalte wie Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern (CSAM), illegale Online-Verkäufe von Opioiden, Menschenhandel oder gezielte Gewaltaufrufe können auch ohne Gerichtsbeschluss zu einer Deaktivierung der Website führen. Business Email Compromise (BEC) – auch CEO-Betrug genannt – ist ebenfalls eine zentrale Bedrohung.
Domain- und IP-Disput
Eine Markenrechtsverletzung im Domainnamen selbst liegt vor, wenn Domains registriert werden, die fremde Markenrechte verletzen. Dies geschieht typischerweise durch folgende Methoden:
Irreführende Kombinationen: Hinzufügen von Zusätzen zu einer Marke (z.B. markenname-outlet.de
), um eine offizielle Verbindung vorzutäuschen.
Cybersquatting: Gezielte Registrierung einer Marke als Domain (z.B. markenname.shop
), um diese zu blockieren oder später an den Markeninhaber zu verkaufen.
Typosquatting (Tippfehler-Domains): Ausnutzung von häufigen Tippfehlern (z.B. markename.de
statt markenname.de
), um Besucher abzufangen.
Weitere Formen von Internet-Abuse
- Inhaltsbasierter Missbrauch: CSAM, Kinder- und Jugendschutz, Opioide, Menschenhandel, Hassrede, extreme Gewalt, Fehl- und Desinformation, Aktivitäten organisierter Kriminalität und Belästigung
- Finanziell/kommerziell motivierter Missbrauch: Markenrechtsverletzungen, Produktfälschungen, Urheberrechtsverstöße und Identitätsdiebstahl
- Angriffe auf die Infrastruktur: Botnets, Malware (z. B. Trojaner, Spyware, Ransomware), DoS-/DDoS-Angriffe, Sabotage, DNS Cache Poisoning, DNS Rebinding und unerlaubter Zugriff auf Systeme
- Hybride Angriffe: Phishing, Pharming, Spam (mit Schadsoftware), Social Engineering, Datendiebstahl und Informationsverfälschung
- Missbräuchliche Domainregistrierungen: Illegale oder gekaperte Domains, Fast Flux Hosting, Domain-Hijacking, Typosquatting und DNS-basierte Identitätsdiebstähle
Sonderfälle im Umgang mit Onlineverstößen
Spam
Auch wenn Spam Träger für Malware oder Phishing sein kann, gilt er oft als separates Thema – besonders, wenn kein schädlicher Inhalt enthalten ist.
Dispute um geistiges Eigentum
Verletzungen von Marken- oder Urheberrechten im Domainnamen selbst fallen meist nicht unter Internetmissbrauch im engeren Sinne. Solche Fälle werden in der Regel über Verfahren wie die Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) geregelt.
Plattformspezifischer Missbrauch
Inhalte, die gegen die Richtlinien von Plattformen wie Facebook, Reddit oder YouTube verstoßen, sollten direkt an die jeweilige Plattform gemeldet werden. Diese verfügen in der Regel über eigene Meldewege und -richtlinien.
Internetmissbrauch melden: Wer ist für Missbrauchsmeldungen zuständig?
Damit Internetmissbrauch effizient bearbeitet werden kann, ist es entscheidend, die richtige Anlaufstelle zu finden:
- Strafverfolgungsbehörden: Bei akuter Gefahr für Leib und Leben, CSAM, Menschenhandel oder illegalem Opioidhandel ist die Polizei die erste Adresse.
- Webhost: Bei Problemen mit betrügerischen oder schädlichen Inhalten auf einer Website oder DNS-Missbrauch (Phishing, Malware) ist der Hosting-Anbieter zuständig.
- Registrar: Zuständig für DNS-Missbrauch (z. B. Phishing, Botnets, Malware, Pharming) und Domain-bezogene Probleme. Bei eindeutigen BEC-Fällen kann der Registrar auch ohne Gerichtsbeschluss reagieren.
- Registry: Vergabestellen können auf Basis lokaler Gesetze oder Anordnungen eingreifen.
- E-Mail-Anbieter: Für missbräuchliche Nutzung von E-Mail-Diensten.
- Sonstige Diensteanbieter: Bei missbräuchlicher Nutzung der jeweiligen Online-Services.
- Domaininhaber: Bei Streitigkeiten rund um Marke, E-Mail oder Web-Inhalte kann auch der Kontakt mit dem Domaininhaber hilfreich sein.
- Content Delivery Networks (CDNs): Unterstützen ggf. bei Informationen zur Missbrauchsquelle.
Wichtig: Registrare und Registries sind in der Regel nicht befugt, bei markenrechtlichen Streitigkeiten selbst zu entscheiden. Dafür gibt es Verfahren wie die UDRP.
Tools und Branchenstandards für Missbrauchsmeldungen
Es gibt etablierte Formate und Tools, um Missbrauch effizienter zu melden:
- X-ARF (Extended Abuse Reporting Format): JSON-basiertes Format zur automatisierten Meldung von Spam, Phishing, Malware, illegalen Inhalten oder DDoS-Angriffen. Wird u. a. von Abusix genutzt.
- ARF/MARF: Standard für Spam-Meldungen per E-Mail (MIME-Typ für E-Mail-Anhänge).
- ACNS: Offenes System zur standardisierten Verarbeitung von Urheberrechts- und anderen Missbrauchsmeldungen, vor allem in großen Institutionen.
- Leitfäden für effektive DNS-Missbrauchsmeldungen: Geben Hinweise zu den notwendigen Angaben wie maskierte URLs, Abuse-Typ, Beschreibung, Zeitpunkt, Screenshots, E-Mail-Header usw. Orientierung bietet dabei das Dokument Effective DNS Abuse Reports. Es nennt zentrale Inhalte, die eine Meldung nachvollziehbar und verwertbar machen.
Wie können Privatpersonen Missbrauch melden?
Wer Internetmissbrauch melden möchte, kann dies auch ohne Fachkenntnisse mittels dieses Leitfadens tun:
- Art des Missbrauchs bestimmen: Handelt es sich um Phishing, Malware, CSAM, Hassrede oder Betrug?
- Zuständigkeit klären:
- Bei CSAM oder akuter Gefahr: Polizei oder eine CSAM-Meldestelle wie INHOPE kontaktieren (nicht den Registrar oder die Registry!)
- Bei DNS-Missbrauch: Registrar via RDAP (z. B. lookup.icann.org) ermitteln und dort die Abuse-Seite aufsuchen
- Bei Website- oder E-Mail-Missbrauch: Hosting- oder E-Mail-Anbieter kontaktieren
- Plattformbezogener Missbrauch: Direkt an die Plattform melden
- Bei CSAM oder akuter Gefahr: Polizei oder eine CSAM-Meldestelle wie INHOPE kontaktieren (nicht den Registrar oder die Registry!)
- Hilfsmittel nutzen:
- NetBeacon.org: Das kostenlose Online-Tool des NetBeacon Institute vereinfacht die Meldung von DNS-Missbrauch wie Phishing, Malware, Botnetzen und Spam. Nutzer reichen Beweise ein, und NetBeacon leitet die Meldung an den zuständigen Registrar oder die Registry weiter.
- ACIDTool.com: Findet die richtigen Abuse-Kontakte für eine Domain.
- NetBeacon.org: Das kostenlose Online-Tool des NetBeacon Institute vereinfacht die Meldung von DNS-Missbrauch wie Phishing, Malware, Botnetzen und Spam. Nutzer reichen Beweise ein, und NetBeacon leitet die Meldung an den zuständigen Registrar oder die Registry weiter.
- Relevante Informationen sammeln:
- Domainname (maskiert, z. B. example[.]com)
- Volle URL mit Missbrauchshinhalt (z. B. hxxp://example[.]com/phishingpage)
- Abuse-Typ: Art des Missbrauchs
- Beschreibung des Vorfalls
- Datum/Uhrzeit inkl. Zeitzone
- Screenshots inkl. sichtbarer URL und ggf. Zeitstempel
- Bei E-Mail-Missbrauch: Header und Text
- Ihre Kontaktdaten
- Bei Bedarf nachhaken: Eine gute Erstmeldung reicht oft aus, dennoch kann es hilfreich sein, auf Rückfragen vorbereitet zu sein.
Ein fundiertes Verständnis für Internetmissbrauch und seine Meldewege hilft dabei, das Internet für alle sicherer zu machen. Wer Internetmissbrauch melden möchte, sollte schnell und gezielt handeln – mit den richtigen Informationen und Ansprechpartnern.
Weiterführende Links:
- Framework to Address Abuse
- CSAM
- Business E-Mail Compromise (BEC)
- Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP)
- Content Delivery Networks (CDNs)
- Leitfaden Effective DNS Abuse Reports
- CASM-Meldestelle: INHOPE
- Registrar bei DNS-Abuse melden: lookup.icann.org
- DNS-Abuse melden: NetBeacon.org
- Abuse-Kontakt melden: ACIDTool.com
- Blog: DNS-Missbrauch: Eine unterschätzte Gefahr?
- Blog: Cyberkriminalität im Mittelstand